Der “Knigge” war schon immer ein “Benimmbuch”

Um sich nicht vor versammelter Gesellschaft gehörig zu blamieren, ist “Knigges” Rat Gold wert. Ein Blick in das Standardwerk für Benimmregeln garantiert einen gelungenen Auftritt in Beruf und Gesellschaft - ohne Tritt in die überall lauernden Fettnäpfchen. Allerdings war das Ziel der im Büchlein “Über den Umgang mit Menschen” zusammengestellten Sammlung von Verhaltensregeln ein völlig anderes: Adolph Freiherr von Knigge (1752-1796) wollte Regeln aufstellen, um den Menschen zu zeigen, wie sie besser miteinander auskommen, auch wenn sie unterschiedlicher sozialer Herkunft sind. Nichts lag dem Freiherren ferner, als den Adleligen seiner Zeit Tischmanieren beibringen zu wollen. 1788 erschien sein Werk “Über den Umgang mit Menschen”, in dem das heutige Benimmbuch seinen Ursprung hat. Knigge stellte dort Verhaltensregeln auf, die er akribisch genau ausführte, um seinen Lesern zu zeigen, wie beispielsweise der Vater mit dem Kind, der Ehemann mit der Ehefrau oder der vorgesetzte Offizier mit dem einfachen Soldaten einen respektvollen Umgang pflegen sollten.

Diese Empfehlungen waren revolutionär - widersetzten sie sich doch den gängigen Vorschriften von Staat und Kirche. Genau dies war von Knigge beabsichtigt. Mit seinem Plädoyer an die adeligen Zeitgenossen wollte der Anhänger der Französischen Revolution die Gesellschaft verändern: Es sollte keine Barrieren mehr für Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten geben. Damit ist eigentlich klar, dass es ihm überhaupt nicht darum ging, was die Etikette wann vorsieht.

Die Sympathie mit dem einfachen Mann und die kaum verhohlene Bewunderung für die Französische Revolution kosteten den Freiherren sein Amt als Oberhauptmann. Er musste nach Stade in die Verbannung gehen.

Kurz nach Knigges Tod im Jahre 1796 erweiterte der Verlag das Werk um Benimmregeln, die alle zehn Jahre überarbeitet wurden und immer noch aktualisiert werden. So entwickelte sich der “Knigge” nach und nach zu dem, was er heute ist.